Pogromnacht 1938
- Matthias Blümel
- 9. Nov. 2021
- 2 Min. Lesezeit

Am 07. November 1938 vormittags feuert der 17-jährige Herschel Grynszpan in der deutschen Botschaft in Paris 2 Kugeln auf einen deutschen Diplomaten. Der Betroffene war Ernst vom Rath und er wurde schwer verletzt. Herschel macht mit seiner Tat auf die Deportation polnischer Juden im Oktober 1938 aufmerksam. Unter den Opfern befanden sich auch seine Eltern.
Die nationalsozialistische Führung nutzt das Attentat als Vorwand für eine großangelegte Welle der Gewalt gegen Juden.
Am 08. November empört sich die Parteizeitung der NSDAP darüber, dass „Hunderttausende von Juden noch ganze Ladenstraßen beherrschen“. Am Abend nach Bekanntgabe des Todes des deutschen Diplomaten in Paris sagt Propagandaminister Goebbels in einer Rede, dass Ausschreitungen gegen Juden „von der Partei weder vorzubereiten noch zu organisieren“ sind, doch Ihnen „soweit sie spontan entstünden auch nicht entgegenzutreten“.
Die bei dieser Rede anwesende NS-Führung informierte noch am selben Abend ihre regionalen Verantwortlichen der Partei (Gauleitungen): Plünderungen sollen von der Staatspolizei verhindert werden, aber sonst soll nicht eingegriffen werden. Es wird befohlen so viele Juden wie möglich festzunehmen, und Brände nur zu löschen, wenn umliegende Gebäude gefährdet sind.
In dieser Nacht kommt es an hunderten Orten zu gewalttätigen Übergriffen gegen die jüdische Bevölkerung. Die Ausschreitungen beschränkten sich nicht nur auf die Nacht des 9. Novembers. In Nordhessen brachen die Unruhen schon in der Nacht des 7. Novembers aus.
In ganz Deutschland beteiligten sich Einheiten der SA und Hitlerjugend an der Zerstörung jüdischer Häuser und Geschäfte. Um den Eindruck zu erwecken, dass die Unruhen Ausdruck „öffentlicher Empörung“ seien, trugen die Mitglieder vieler Einheiten Zivilkleidung.
Hunderte Synagogen und jüdische Einrichtungen wurden in ganz Deutschland, Österreich und im Sudetenland durch die Angreifer zerstört. Auch jüdische Friedhöfe wurden in vielen Regionen geschändet. In Berlin und Wien, wo sich die beiden größten jüdischen Gemeinden des Deutschen Reiches befanden waren die Pogrome besonders zerstörerisch.
Im Gebiet des Deutschen Reiches wurden während der Pogrome 91 Menschen ermordet. Noch Tage und Wochen später starben viele Menschen an ihren schweren Verletzungen. Über 30.000 jüdische Männer wurden in den darauffolgenden Tagen verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt. 1.200 niedergebrannte Synagogen und Gebetshäuser und 7.500 zerstörte Geschäfte sind die materielle Bilanz der Gewalt. Im Land übten die Pogrome und die aufgeheizte antisemitische Stimmung auch indirekt Gewalt auf die jüdische Bevölkerung aus: in der Zeit nahm die Zahl der Suizide jüdischer Bürger stark zu.
Durch Verordnungen wurde der Terror der Pogromnacht fortgesetzt. Die Juden mussten eine „Sühneleistung“ in Höhe von einer Milliarde Mark an das Deutsche Reich zahlen. Alle Schäden sollten sofort selbst behoben werden, die Kosten für die Wiederherstellung selbst aufgebracht werden und die gezahlten Entschädigungen von den Versicherungen waren an das Reich abzuführen. In allen jüdischen Unternehmen und Betrieben wurde die „Arisierung“ angeordnet und damit alle Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben ausgeschaltet.
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